Dieser Anspruch besteht unabhängig von der Frage, ob die angeordneten Maßnahmen rechtmäßig sind. Vielmehr hängt der Entschädigungsanspruch von der Frage ab, ob sie der Verhütung übertragbarer Krankheiten dienen oder deren Bekämpfung.
Grundlage der Abgrenzung von Maßnahmen zur Bekämpfung und der Verhütung übertragbarer Krankheiten liefert das Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Ermächtigungsgrundlage der Behörden für die Anordnung von Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten ergeben sich aus § 16 des IfSG. Durch § 16 IfSG werden alle Maßnahmen abgedeckt, welche bei einem Gefahrenverdacht erforderlich sind, um Neuansteckungen zu verhindern. Ausdrücklich werde in der juristischen Fachliteratur unter anderem als Anwendungsbeispiel das Verbot von Versammlungen genannt. Die angeordneten Maßnahmen fallen daher unter Infektionsprophylaxe.
§ 28 IfSG bildet dahingegen die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Diese antiepidemischen Maßnahmen dienen dazu, Krankheitsfälle zu erfassen, zu behandeln und von ihnen ausgehende Infektionsgefahren zu beseitigen.
Ausgangspunkt für Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ist daher stets der individuelle Krankheitsfall, dem sog. seuchenhygienischen Störer. Hierunter lassen sich Kranke, Krankheitsverdächtige, Ausscheider und Ansteckungsverdächtige fassen.
Diejenigen Betriebe oder Personen, von denen kein unmittelbares Infektionsrisiko ausgeht, gelten dahingegen als sog. Nichtstörer. Die betreffenden Maßnahmen können lediglich § 16 IfSG als Anordnungsgrundlage haben. Es handelt sich um Prävention, also die Verhütung übertragbarer Krankheiten.
Zwar mag die Unterscheidung der Rechtsgrundlage für den einzelnen Betroffenen zunächst akademischer Natur sein, für die Rechtsfolgen sind sie es jedoch mitnichten. Die genaue Differenzierung der Maßnahmen für den Einzelnen ist für mögliche Entschädigungsansprüche von zentraler Bedeutung.
In § 56 IfSG sind die Ansprüche der sog. seuchenhygienischen Störer, also all derjenigen Personen, die wegen Krankheitsverdachts unter Quarantäne gestellt wurden, ohne tatsächlich krank zu sein, geregelt. Entsteht diesen Personen durch die Maßnahme ein Schaden etwa durch Verdienstausfall, haben sie einen Entschädigungsanspruch in voller Höhe für die ersten sechs Wochen, danach in Höhe des Krankengeldes. Dieser Entschädigungsanspruch steht auch Selbstständigen zu. Zu beachten ist, dass die Entschädigungsansprüche innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden müssen.
Anders stellt sich die Situation bei Maßnahmen zur Prävention übertragbarer Krankheiten dar. Sie können nur auf Grundlage der §§ 16f IfSG erlassen werden und betreffen die seuchenhygienischen Nichtstörer. Für diesen Personenkreis hat der Gesetzgeber eine Entschädigung vorgesehen. Im Rahmen der Infektionsprophylaxe ist das (Bundes-) Land in welchen die Anordnung erlassen wurde nach § 65 IfSG entschädigungspflichtig. Maßnahmen der Bekämpfung der Infektion sind hiervor jedoch ausgenommen.
Der Entschädigungsanspruch im Einzelnen bemisst sich dabei nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts: Der seuchenhygienische Nichtstörer ist daher so zu stellen, wie er ohne die Anordnung stehen würde. Entgegen dem Entschädigungsanspruch für den seuchenhygienischen Störer besteht hier keine Dreimonatsfrist zur Geltendmachung der Ansprüche.
Ein Großteil der derzeit angeordneten Maßnahmen, sind solche der Infektionsprophylaxe im Sinne des § 16 IfSG. Diese Maßnahmen sind unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit im Einzelnen, nach § 65 IfSG entschädigungspflichtig, wobei auch rechtmäßig angeordnete Maßnahmen das jeweilige (Bundes-)Land zur Entschädigung verpflichten.