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Skispringen in Thüringen – Sprung in die Weltklasse oder Absturz in die Bedeutungslosigkeit?

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C MKD [thüringen]

Brotterode – Mit einem Hilferuf zum Erhalt von internationalen Skisprungwettbewerben in Thüringen wandten sich Kay Gossmann, Bürgermeister Stadt Brotterode-Trusetal, Christoph Zimmermann, Projektsteuerer Inselbergschanze, Peggy Greiser, Landrätin Schmalkalden-Meiningen und Christian Berke, Vorsitzender WSV Brotterode e.V. an die Fraktionsvorsitzenden und sportpolitischen Sprecher des Thüringer Landtages

Konkret geht es uns um die seit Jahren ungeklärte Sanierung der Inselbergschanze in Brotterode. Es werden insgesamt 3 Millionen Euro seitens des Freistaates Thüringen benötigt, um die notwendigen Sanierungsarbeiten umzusetzen, die internationalen COC-Wettkämpfe langfristig zu sichern und die einmalige Chance zu ergreifen, einen Damen A-Weltcup bzw. einen der begehrten Standorte einer sog. Damen-Vier(Drei)Schanzentournee zu ergattern.

Konkret heißt es in dem Schreiben:
Sehr geehrte Herren Fraktionsvorsitzende,
sehr geehrte Frau Fraktionsvorsitzende Rothe-Beinlich,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
können Sie sich noch daran erinnern als Sven Hannawald als erster Sportler überhaupt im Rahmen der Vierschanzentournee in allen Wettbewerben zum Sieg flog? Als Adler der Lüfte wurde der Athlet national wie international für seine sportlichen Leistungen geehrt und gefeiert. Als erste Thüringerin errang die Skispringerin Juliane Seyfarth bei den Ski- Weltmeisterschaften 2019 sensationell den Weltmeistertitel. Seit vielen Jahrzehnten fasziniert das Skispringen Millionen von Sportbegeisterten auf der ganzen Welt. Sowohl Hannawald als auch Seyfarth haben gemeinsam, dass Sie im Rahmen von COC-Wettbewerben auch auf Thüringer Territorium ihre Weiten hinterlassen haben. Als letzter verbliebener Skisprungstandort in Thüringen und einer der wenigen in Ostdeutschland ist Brotterode seit vielen Jahren die letzte Station der Adler auf internationaler Bühne. Mit dem größten Zuschauerinteresse aller COC-Standorte markiert Brotterode jedes Jahr aufs Neue Maßstäbe für den internationalen Wettkampfkalender. Die Stimmung, die die skisportaffinen Thüringerinnen und Thüringer hierbei jährlich entfachen, hat Weltcup-Niveau.
Die Organisation der vielen leidenschaftlichen Ehrenamtlichen verdient darüber hinaus als beispielhaft bezeichnet zu werden. Nicht umsonst stellt der internationale Skiverband FIS auch durch Unterstützung des Deutschen Skiverbandes (DSV) dem Standort Brotterode einen Damen A-Weltcup und damit enorme Entwicklungschancen in Aussicht. Die Idee einer Damen Vier(Drei)schanzentournee, wobei Brotterode einen der begehrten Standorte bilden soll, ist bei Weitem keine Spinnerei einzelner Akteure, sondern handfeste Perspektive.Wie so oft liegen das Scheitern und der mögliche ersehnte Aufbruch nah beieinander. Noch nie bestand für Thüringen eine bessere Option internationale Skisprungwettbewerbe auf Weltklasse-Niveau zu ergattern und die bestehenden Wettkämpfe langfristig zu sichern. Die äußeren Rahmenbedingungen sind mehr als stimmig. Der örtliche Wintersportverein hat seit beinahe drei Jahrzehnten bewiesen, dass er Weltcup kann. Das schon jetzige Zuschauerinteresse gibt Ausdruck davon, wie stark das Skispringen in Thüringen verwurzelt ist.Die Kommunen sowohl die Stadt Brotterode-Trusetal als auch der Landkreis Schmalkalden-Meiningen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Eine langfristige effiziente Betreibung und Vermarktung kann darüber hinaus künftig durch die städtische Tourismus GmbH erfolgen. Der kommunale Zweckverband „Seimberg“ hat seine Arbeit aufgenommen und sowohl ein

fundiertes Sanierungskonzept als auch finanzielle Mittel in Umfang von über 1 Million Euro für die notwendige Sanierung der Schanzenanlage in den kommunalen Haushalten reserviert. Ohne Sanierung ist das Skispringen in Thüringen jedoch bald nur noch Sporthistorie. Ohne Sanierung laufen die nunmehr seit Jahren nur noch jährlich verlängerten Zertifikate zur Ausrichtung internationaler Wettkämpfe nach 2022 endgültig aus. Die Lage ist für das Sportland Thüringen dramatisch und würde grds. zum sofortigen Handeln verpflichten.

Bis heute erleben wir jedoch stattdessen eine strikte Verweigerungshaltung seitens des TMBJS ein klares Bekenntnis zum internationalen Skisprungstandort Brotterode abzugeben. So wurden bspw. gemeinsam anvisierte Termine mit dem TMWWDG abgesagt, fortwährend neue unverständliche Formalien benannt und schließlich für 2020 eine Förderung über die Sportförderrichtlinie negiert. Wir möchten ganz deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir Verständnis dafür haben, dass das TMBJS eine Förderung über die Richtlinie mit der Begründung ablehnt, dass gemessen am Gesamtvolumen der landesseitigen Sportförderung ein Einzelprojekt im Umfang von ca. 3 Mio. € andere ebenfalls wichtige Maßnahmen zum finanziellen Erliegen brächte.

Allerdings ist uns absolut unverständlich, wieso dann keine alternativen Lösungsansätze eruiert wurden und werden? Es sei hier exemplarisch auf das Schießsportzentrum in Suhl verwiesen, für welches im Landeshaushalt 2020 konsequenterweise ein Investitionszuschuss i.H.v. 7,07 Mio. € eingeplant wurde. Eine solche Einzelförderung wäre auch für die Schanze in Brotterode ein denkbarer und vor allem lebensnotwendiger Beitrag, um internationales Skispringen in Thüringen zu erhalten. Nun ist es müßig und auch nicht zukunftsweisend mit Schuldzuweisungen oder Kritik zu argumentieren. Vielmehr sollten wir Hand in Hand, Land und kommunale Familie uns dem Ziel verschreiben, Spitzensport in Thüringen eine nachhaltige Heimat zu geben, so wie wir es auch erfolgreich und weltmeisterlich in Oberhof tun.

Oberhof ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Baustein. Oft wurden seitens der Landesebene auch Argumente ins Feld geführt, dass mit einer sanierten Großschanze in Oberhof doch bereits eine Spitzensportanlage für internationale Wettkämpfe im Skispringen zur Verfügung stünde, weshalb sich eine Sanierung der „Inselbergschanze“ erübrigt. Wir möchten diesbezüglich zum einen auf die FIS als internationalen Verband verweisen, welcher mehrfach deutlich gemacht hat, dass im Falle eines Wegfalls des Standortes Brotterode keine mittel- und langfristige Vergabe nach Oberhof erfolgt. Die Gründe hierfür sind stichhaltig und nachvollziehbar. Zum einen wird die mangelnde ehrenamtliche und logistische Infrastruktur und die damit erhöhten Austragungskosten gerügt, zum anderen das deutlich geringere Zuschauerinteresse im Vergleich zum Standort in Brotterode, welcher im Bereich des COC, wie bereits erwähnt, weltweit die höchsten Zuschauerzahlen generiert.

Auch wurde seitens des DSV und der FIS darauf verwiesen, dass eine erfolgreiche Entwicklung im Leistungssportbereich in den seltensten Fällen durch ausschließliche Konzentration auf einen Standort (Oberhof) und Ausblenden der anderen Nachwuchsleistungszentren gelingen kann. Vielmehr muss es die Zielstellung sein, die einzelnen Stärken der unterschiedlichen Wintersportzentren hervorzuheben und punktuell zu fördern und in der Entwicklung zu stärken, da ansonsten auch die Entwicklung des Olympiastützpunktes in Oberhof mittelfristig stark gefährdet ist. Dies ist im Falle von Oberhof ohne jeden Zweifel Verpflichtung und Auftrag zugleich für die Bereiche Biathlon, Rodeln und die nordische Kombination, für Brotterode jedoch ohne Wenn und Aber das historische gewachsene Skispringen am Fuße des Inselbergs. Lassen Sie uns die leuchtenden Kinderaugen von unseren Jüngsten, die bereits im Nachwuchsleistungszentrum trainieren und jährlich mit ihren Idolen bei COC-Wettkampf mitfiebern, nicht enttäuschen.

Mit einem Investitionszuschuss des Landes im Umfang von 3,0 Mio. € könnte nicht nur das internationale COC-Springen gesichert, sondern auch ein Damen A-Weltcup etabliert werden. Auch eine mitteldeutsche Dreischanzentournee der Damen ist derzeit zum Greifen nah. Die angestrebte Sanierung sollte jedoch nicht ausschließlich auf eine sportliche Nutzung, sondern auch auf touristische Wachstumsimpulse ausgeweitet werden. Mit der touristischen Erschließung der Schanzenanlage soll die sportliche Anlage in der Zielstellung auch für T ouristen erschlossen werden. So sollen eine 360-Grad-Aussichtsplattform, eine VR-

Simulation zur erlebbar machen von Skispringen für Jedermann, eine Zipline für ein waghalsiges Gleiterlebnis vom Sprungturm in den Auslaufbereich und natürlich eine moderne, museale und multifunktonale Erzählung von der Skisprungtradition in Thüringen und Brotterode entstehen. Auch Events wie das Rennsteig-Open-Air, der TEAG-Auslauf-Rauflauf und das Hornschlittenrennen werden auch weiterhin ganzjährig für Großereignisse am Seimberg sorgen. Erfreulich ist hierbei auch, dass die touristischen Begleitmaßnahmen seitens des TMWWDG bereits als positive und wichtige Impulse zur Tourismusentwicklung gewürdigt wurden, insbesondere mit Blick auf die bereits ins Laufen gekommenen Investitionen auf dem Inselbergplateau. Ausdruck von Nachhaltigkeit sind dabei nicht nur das Zusammendenken von Sport und Tourismus, sondern auch die umfassende Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten. Das erstellte Klimaschutzgutachten zeigt eindrucksvoll, dass Skispringen in Thüringen klimafreundlich und CO2-neutral umsetzbar ist. Die Adler der Lüfte und die schutzwürdige Natur unseres Freistaates sind demnach hervorragend miteinander vereinbar.

Sehr geehrte Fraktionsvorsitzende, sehr geehrte Frau Fraktionsvorsitzende Rothe-Beinlich, Thüringen ist Sportland. Wir haben Weltmeister, Gesamtweltcupsieger und Olympiasieger hervorgebracht. Wir haben Weltmeisterschaften, Weltcups und COC-Wettbewerbe nach Thüringen geholt. Wir haben das Skispringen zu einer Tradition in Thüringen werden lassen. Es ist nun bei Ihnen im Wege der Beratungen zum Landeshaushalt den entscheidenden Beitrag zur Sicherung und dem Ausbau von Skispringen in Thüringen zu leisten. Mit einer finanziellen Beteiligung des Freistaates in Höhe von einer halben Million Euro in 2022 und 2,5 Millionen Euro in 2023 (Verpflichtungsermächtigung) kann dies gelingen. Ein Änderungsantrag Ihrer gemeinsam mit den anderen Fraktionen kann daher den entscheidenden Durchbruch bringen.

Für Ihre Mithilfe und Engagement wollen wir uns bereits im Vorfeld bedanken. Gerne stehen wir Ihnen auch für Fragen und gemeinsame Beratungen zur Verfügung.

Mit sportlichen Grüßen

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Kay Gossmann
Bürgermeister Stadt Brotterode-Trusetal Meiningen

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Christoph Zimmermann Projektsteuerer Inselbergschanze

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Peggy Greiser
Landrätin Landkreis Schmalkalden-

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Christian Berke
Vorsitzender WSV Brotterode e.V.

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