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Der Tintenfischpilz – ein Exot in unseren Wäldern entdeckt
Gastbeitrag von Jens Dahlems
Themar/Römhild (jd) Der Regen der letzten Tage hat einen exotischen Pilz wachsen lassen. In einem Mischwald aus Rotbuchen und Eichen im Gleichberggebiet bei Römhild wächst ein exotischer Pilz, der wie ein Tintenfisch aussieht und nach totem Tier riecht. Der Tintenfischpilz (Clathrus archeri) gehört in die Verwandtschaft der Stinkmorchel (Phallus impudicus). Er bietet einen faszinierenden Anblick, wenn man ihn im Wald entdeckt.
Der in Deutschland zu den nicht heimischen Pilzen gehörende Tintenfischpilz konnte sich in den letzten Jahren einen neuen Lebensraum erobert. Der Pilz hat eine lange, weite Reise hinter sich. Er wurde wahrscheinlich von Neuseeland oder Australien nach Europa eingeschleppt und ist somit ein Neomycet in Deutschland. Sporen des Pilzes haben nach Expertenmeinungen die weite Reise in der Wolle von importierten Schafen überlebt. Erste Funde gab es 1914 in den Vogesen und 1938 im Schwarzwald. Die Fruchtkörper entwickeln sich aus sogenannten „Hexeneiern“, in denen der Fruchtkörper schon fertig angelegt ist und sich durch Wasseraufnahme sehr schnell entwickeln kann. Irgendwann sprengt er sich durch die Haut der Hexeneier ins Freie. Der Pilzkörper wächst allmählich bis zu 15 Zentimeter in die Höhe und breitet seine vier bis sechs Arme nach und nach aus, bevor er nach wenigen Tagen abstirbt. Der Pilz wächst von Juli – November auf nährstoffreichen Böden im Laubwald, seltener im Nadelwald, an Waldwegen, auf Wiesen, Weiden, einzeln oder auch gesellig. Der Tintenfischpilz ist zwar nicht genießbar, dafür kann er praktisch auch nicht mit giftigen Verwandten verwechselt werden.
Trotz seiner zunehmenden Verbreitung in unserem Landkreis ist der Pilz bisher nicht häufig zu finden. Von einer flächendeckenden Verbreitung lässt sich allerdings noch nicht sprechen. Am ehesten finden Naturfreunde und Pilzsammler den exotischen Tintenfischpilz in Gegenden mit nährstoffreichen Böden.
C 2022 Jens Dahlems
In einem späteren Entwicklungsstadium breiten sich bis zu zehn Zentimeter lange rote „Arme“ des Pilzes flach auf dem Waldboden aus. Die Tentakel spreizen sich sternförmig und bekommen schwarze Verästelungen auf der oberen dunkelroten Seite der Arme – die Gleba (so heißt bei Pilzen die Fruchtmasse, auf der die Sporen heranwachsen). Fliegen und Käfer tragen diese weiter und sorgen dafür, dass der Pilz sich verbreiten kann. Genauso, wie es Vögel mit den Samen von Früchten machen. Damit diese Insekten angelockt werden und sich auf dem Pilz niederlassen, hat er eine ganz besondere Strategie entwickelt: er stinkt nach faulendem Fleisch – ganz wie es aasliebende Tiere mögen. Der Pilz wächst in Gruppen, aber auch Einzelgänger sind möglich. Der Tintenfischpilz ist zwar ungenießbar, hat aber viele natürliche Feinde, vor allem Schnecken. Und die fressen ihn und seine Sporen oft schon, bevor sie reif sind. Auch von dem im Gleichberggebiet entdeckten Pilz waren nach kurzer Zeit nur noch Reste zu finden. So wird der schöne Tintenfischpilz ein seltener Exot in den Wäldern und Fluren Südthüringens bleiben.
Die Pilzsachverständigen und ehrenamtlichen Mitgliedern und Freunden der Thüringer Arbeitsgemeinschaft Mykologie e.V. (ThAM) der Landkreise Hildburghausen und Sonneberg geben gerne fachkundig Auskunft. Frisch gesammelte Pilze werden fachkundig von Experten bestimmt und so mancher praktische Tipp zum Sammeln von Pilzen, Pilzarten, Naturschutz, Lebensraum, der Lagerung, Trocknung und zur Zubereitung der Pilzfruchtkörper gegeben.
Weitere Informationen:
- Das Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen (GGIZ) in 99089 Erfurt, Nordhäuser Str. 74, Tel.: 0361-730730, E-Mail: info@ggiz-erfurt.de
- Pilzsachverständiger im Landkreis Hildburghausen Peter Hofmann, Steudacher Weg 41, 98673 Eisfeld, Tel.: 03686-618600
- Pilzsachverständiger im Landkreis Hildburghausen Mario Wolf, Dr. Hönn Str. 22, 98630 Römhild, Tel.: 036948-21778, Handy: 0170-7140885
- Pilzsachverständiger im Landkreis Sonneberg Michael Vogel, Döhlau 16, 96528 Frankenblick, Tel.: 036766-22999, Handy: 0174-9582530
Text/Foto: J. Dahlems